Geschichte Metallerinnen & Metaller „Als Rundfunkhören lebensgefährlich war“

Zwischen Stadtbahn, Jugendgästehaus und BAJ nahe der August-Bebel-Straße steht nun eine Gedenktafel, die an ermordete Widerstandskämpfer während des Nationalsozialismus erinnert. Einer von ihnen ist Hermann Kleinewächter.

1. Juni 2025 1. Juni 2025


Zwischen Stadtbahn, Jugendgästehaus und BAJ nahe der August-Bebel-Straße steht nun eine Gedenktafel, die an ermordete Widerstandskämpfer während des Nationalsozialismus erinnert. Einer von ihnen ist Hermann Kleinewächter, nach dem die kurze Straße zum Theaterlabor bereits seit 1999 benannt ist. Er arbeitete als Dreher bei Dürkopp in Bielefeld, war Mitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands und blieb nach der Machtübernahme widerständig.

In Prozessakten aus dem Jahr 1943 ist zu lesen, er habe zu einer Gruppe von Arbeitern bei Dürkopp gehört, die ausländische Rundfunksendungen hörten und auch über deren Inhalte mit Kollegen im Betrieb sprachen. Das Hören ausländischer Sender war im Nationalsozialismus verboten, so dass die Arbeiter etwa die Waschräume in den Betrieben nutzten, um die Signale aus dem Äther zu empfangen. Auch die Radiogeräte mussten illegal beschafft, mit Empfängern nachgerüstet oder gleich ganz selbst gebaut werden.

1935 wurden in Bielefeld und Umgebung 130 Widerstandskämpfer verhaftet. Ende der 1930er Jahre arbeiteten aber wieder zwei illegale, gewerkschaftlich orientierte Widerstandsgruppen um die Betriebe Dürkopp und Benteler. Durch eingeschleuste Spitzel gelang es dem NS-Regime, 1943 und 1944 einen großen Teil der beiden Gruppen zu zerschlagen. In den folgenden Prozessen wurden zwölf Personen zum Tode verurteilt und im September 1944 hingerichtet.

Hermann Kleinewächter gehörte 1943 zu den Verhafteten und wurde wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Rundfunkverbrechen“ angeklagt. Bereits 1934 hatte er wegen Hochverrats 2 Jahre und drei Monate im Gefängnis gesessen. Am 5. Juli 1944 wurde er zum Tode verurteilt und am 15. September 1944 in Dortmund hingerichtet. Genossen von ihm holten seine und weitere Leichen nach Kriegsende nach Bielefeld und errichteten auf dem Sennefriedhof eine Gedenkstätte. Zudem liegt in der Friedrich-Ebert-Straße 2 ein Stolperstein, der an Hermann Kleinewächter erinnert.

Die Bielefelder Gruppe der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) hat längere Zeit daran gearbeitet, eine erklärende Gedenktafel auch mitten in der Stadt zu installieren. „Die Idee dazu hatten wir bereits vor fünf Jahren, in den vergangenen drei Jahren haben wir intensiv daran gearbeitet“, sagt Katja Eßer, Sprecherin der Kreisvereinigung Bielefeld der VVN-BdA.„Wir machen die Geschichte derjenigen, die sich in Bielefeld gegen den Nationalsozialismus stellten, an dieser Stelle sichtbarer“, fügt sie an. Zumal die Tafel in der Form eines Lesepultes auf dem Gelände des Dürkopp Tor 6 steht, also genau dort, wo früher die Werkshallen des NS-Musterbetriebs Dürkopp AG standen und Hermann Kleinewächter arbeitete.

Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaftshäuser erstürmt, es folgte rasch die Verfolgung von Gewerkschaftern, darunter auch die Betriebsgruppe bei Dürkopp. „Die Gewerkschaften haben nach dem Krieg die Lehren daraus gezogen. Zur DNA der IG Metall gehört es, sich sich gegen Faschismus und autoritäre Bestrebungen zu stellen. Das sind wir unseren Vorgängern und den Opfern schuldig“, sagt Christian Iwanowski, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bielefeld.

Zur feierlichen Eröffnung der Gedenktafel sprachen unter anderem der Bezirksbürgermeister Frederik Suchla, Mitglieder die VVN-BdA berichteten über die Geschichte des lokalen Widerstands. Die VVN-BdA Gruppe Bielefeld sprach sich dafür aus, das jährliche Gedenken auf dem Sennefriedhof in größerem Rahmen zu begehen und dafür einzutreten, dass die Welt ganz eine freie wird, wie es auf dem Mahnmal auf dem Sennefriedhof heißt.